Wie ich arbeite ... Solange Azagury-Partridge
In unserer Reihe, in der wir uns mit den Dingen, Orten und Leuten beschäftigen, die das Arbeitsleben eines kreativen Kopfes bereichern, sprach die Journalistin Marie-Claire Chappet mit der Londoner Designerin über ihren Schaffensprozess und ihre künstlerischen Vorbilder.
Das erste Schmuckstück, das Solange Azagury-Partridge je entworfen hat, war ihr eigener Verlobungsring. Das war im Jahr 1987. Die Autodidaktin ist mittlerweile zu einer der britischen Kultfiguren für Schmuckdesign geworden. 1990 gründete sie ihre gleichnamige Marke und arbeitete drei Jahre als Creative Director im geschichtsträchtigen Haus Boucheron. Viele ihrer Stücke sind in der Dauersammlung im Victoria and Albert Museum in London sowie in der Ausstellung „Les Arts Décoratifs“ im Pariser Louvre zu sehen. Hier erzählt sie Service95 von ihrem künstlerischen Schaffensprozess, ihren Kreatividolen und ihrem neuen Parfum Kiss My Lips, das auf ihren ikonischen Hotlips-Ringen basiert …

Über ihren Arbeitstag … Ich trinke meinen Kaffee morgens gern im Bett und mache ein Wordle, bevor ich ein paar wichtige Mails beantworte. Wenn ich mich mit Kund*innen treffe, lade ich sie gern zum Frühstück bei Granger & Co in der Westbourne Grove oder in eines der vielen Cafés entlang der Golborne Road ein. An den anderen Tagen gehe ich gerne im Park oder an der Portobello Road spazieren und mache mich dann gegen 10 Uhr auf ins Büro. Ich versuche, gegen 17 Uhr da rauszukommen, mich neu zu sortieren und letzte Anrufe und E-Mails zu Hause zu erledigen. Diese Zeit nur für mich morgens und abends ist wirklich wichtig für mich.

Über Musik … Ich kann nicht arbeiten, wenn Musik läuft, ich brauche Ruhe, aber interessanterweise kommt die Inspiration für mein neues Parfüm von meiner ersten selbstgekauften Schallplatte, als ich noch klein war. Das war Sugar, Sugar von den Archies. Der Liedtext handelt unter anderem davon, wie süß Küsse sein können. Für mich sind Hotlips-Frauen im Allgemeinen lustig, frech, fröhlich und positiv drauf. Das Parfüm sollte unbedingt diese Unbeschwertheit versprühen.

Über ihre Inspirationen … Ich nehme lieber abstrakte Ideen als Inspirationsgrundlage, statt etwas, das es tatsächlich gibt. Für eine Kollektion habe ich die physikalische Manifestation der Mathematik und deren Schönheit genutzt. Und das, obwohl ich in Mathe furchtbar bin!

Über ihren persönlichen Duft … Ich trage immer mein eigenes Parfüm, Stoned, das ich vor etwa 15 Jahren kreiert habe. Das fühlt sich einfach wie ein Teil von mir an. Meiner Meinung nach ist ein Duft ein toller Partner für Schmuck; man trägt beide auf der Haut. Ein Duft ist auch eine Art Accessoire.

Über ihre Arbeitsuniform … Ich bin ein großer Fan davon, einen Stil für mich zu finden und dabei zu bleiben. In meinem Fall sind das tolle Blusen in allen möglichen Farben. Meine Lieblingsblusen sind von Tucker NYC und Alice + Olivia. Ich bin in Sachen Mode nicht besonders experimentierfreudig, das bleibt meinem Schmuck vorbehalten.

Übers Reisen … Es macht mir Spaß, beruflich zu reisen; vielleicht noch mehr als touristische Reisen, bei denen ich das Gefühl habe, nur an der Oberfläche zu kratzen. Bei Geschäftsreisen trifft man Einheimische und lernt das Leben dort besser kennen. Meine liebsten Reiseziele sind Indien, Marokko, New York und LA.

Über andere Kreative … Ich lese extrem viel, deshalb finde ich Autor*innen toll. Ich mag Chimamanda Ngozi Adichie, Martin Amis und Hanya Yanagihara. Als großer Kunstfan habe ich mir schon immer gewünscht, selbst mehr Zeit mit Malerei zu verbringen. Ich habe ein paar tolle Werke. Am liebsten mag ich meinen riesigen Matthew Day Jackson. Ich würde das Gemälde sogar vor einem Feuer retten … wenn ich es tragen könnte.
Über das Auftanken von Energie … Ich verbringe gerne einen ganzen Tag im Bett. Mit Lesen, Schlafen, Essen und Fernsehen. Das ist mein Traum vom Auftanken.

Über Karrieretipps … Das beste, was ich je gesagt bekommen habe, war über den Glauben an sich selbst. Damit sich der Erfolg einstellt, muss man in das vertrauen, was man macht.
Marie-Claire Chappet ist eine in London ansässige Kunst- und Kulturjournalistin und mitwirkende Redakteurin bei Harper’s Bazaar.